DFG KU 1130 / 11 - 1

Erfassung des Langzeitverhaltens von schlanken Brettschichtholzträgern beim Stabilitätsnachweis „Kippen"

DFG KU 1130 / 11 - 1

Titel des Forschungsvorhabens

Erfassung des Langzeitverhaltens von schlanken Brettschichtholzträgern beim Stabilitätsnachweis „Kippen“

Projektnummer des Forschungsvorhabens

DFG KU 1130 / 11 - 1

Zusammenfassung

Allgemein verständliche Darstellung der wesentlichen Ergebnisse und der erzielten Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens zum Zeitpunkt der Antragstellung

Als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Langzeiteinflusses wurde zunächst das Verhalten des kippgefährdeten Trägers zur Zeit t=0 nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung in Abhängigkeit unterschiedlicher Parameter untersucht. Für eine konstante Holzfeuchte konnte gezeigt werden, dass der Anteil infolge Biegung MIIy an der Gesamtausnutzung unabhängig vom h/b-Verhältnis des Querschnitts ist. Je größer die Kippschlankheit ist, desto größer wird der Spannungsanteil aus Biegung um die schwache Achse MIIz an der Gesamtspannung, die aus der Vorkrümmung des Trägers resultiert. Weiter sind die Art der Beanspruchung und der Ort der Lasteinleitung maßgebend für die Höhe des Spannungsanteils aus Biegung um die schwache Achse.

Um Modellrechnungen unter Langzeiteinfluss durchführen zu können, wurde zunächst die Bemessungslast für den kippgefährdeten Träger nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung bestimmt, die sich aus einem ständigen und damit kriecherzeugenden Anteil und einem kurzzeitig wirkenden Anteil zusammensetzt. Bei den Modellrechnungen unter Langzeiteinfluss bei konstanter Holzfeuchte stellte sich abhängig von der Höhe des ständigen Lastanteils eine Zunahme der horizontalen elastischen Verformung und der elastischen Verdrehung ein, die eine Spannungszunahme von bis zu 60% infolge Kriechens bewirkten. Je größer die elastische Verformung nach Biegetorsionstheorie II. Ordnung zur Zeit t = 0 ist, desto größer ist die prozentuale Zunahme der Spannung σIIx infolge Kriechens zur Zeit t = 50 Jahre. Ausgehend von der Bemessungslast zur Zeit t = 0 tritt in Abhängigkeit des ständigen Anteils an der Bemessungslast und der Schlankheit eine unterschiedlich hohe, stark nichtlineare Spannungserhöhung infolge Kriechens ein. Für kleine Kippschlankheiten λ ≤ 10 kann der Spannungsnachweis zum Zeitpunkt t = 50 Jahre noch eingehalten werden, für größere Schlankheiten nimmt die Spannung stark, zum Teil um ein Vielfaches, nichtlinear zu und verursacht ein rechnerisches Kippversagen.

Zur Beschreibung der Dehnungsänderungen aus der zeitschrittweisen Modellberechnung infolge Kriechens und der neu zu bestimmenden Bemessungslast, wurde eine äquivalente Vorkrümmung e∞ bestimmt, die die gleiche Spannungszunahme bewirkt, wie in der zeitschrittweisen Berechnung. Die äquivalente Vorkrümmung macht es möglich, die Bemessungslast zur Zeit t = 50 Jahre zu berechnen. Aus der Bemessungslast (t = 50 a) konnte der Kippbeiwert km,∞ unter Berücksichtigung des Langzeitverhaltens abgeleitet werden. Der Kippnachweis nach dem Ersatzstabverfahren kann damit mit Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung für den Zeitpunkt t = 50 Jahre in Abhängigkeit des ständigen Lastanteils geführt werden.

Die Berücksichtigung des Langzeitverhaltens hat zur Folge, dass für Schlankheiten λ > 10 der Kippbeiwert km,∞ kleinere Werte annimmt als in der Referenzkurve zum Zeitpunkt t = 0. Je nach Größe des ständigen Lastanteils reduziert sich durch das Langzeitverhalten des Werkstoffs Holz der Kippbeiwert km,∞ und damit die Bemessungslast qzOG am Obergurt des kippgefährdeten Trägers unterschiedlich stark. Für einen ständigen Lastanteil von 60 % beträgt der Rückgang des Kippbeiwerts bis zu 16 % und dies bei Schlankheiten λ, die in der Bemessungspraxis gebräuchlich sind.

Unter wechselnden Feuchteverhältnissen konnten Dehnungsänderungen infolge mechano-sorptiven Kriechens in Abhängigkeit der Kippschlankheit λ, der mittleren Luftfeuchte und der jährlichen Schwankungsamplitude berechnet werden, die teilweise um ein Vielfaches über den Kriechdehnungen bei konstanter Holzfeuchte liegen. Die bisher durchgeführten Modellrechnungen erfolgten auf der Grundlage von Richtwerten aus der Bauphysik und zeigten bereits bei geringfügiger Änderung der Ausgangsparameter stark unterschiedliche Dehnungsänderung, so dass aufgrund der mannigfachen Einflüsse und Parameter noch keine differenzierte Aussage über das grundsätzliche Verhalten unter mechano-sorptivem Kriecheinfluss getroffen werden kann. Hierzu sind weitere Untersuchungen durchzuführen und die verwendeten Modelle für den Stabilitätsfall Kippen gegebenenfalls an skalierten Versuchskörpern zu verifizieren.

Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen

Für eine konstante Holzfeuchte war eine starke Abhängigkeit der Dehnungsänderung infolge Kriechens von der Höhe der Effekte aus Biegetorsionstheorie II. Ordnung in Abhängigkeit des ständigen Lastanteils zur Zeit t = 0 und der Kippschlankheit zu erkennen. Unter wechselnden Feuchteverhältnissen erweitert sich die Zahl der Einflussparameter um die mittlere Luftfeuchte und die jährliche Schwankungsamplitude der Luftfeuchte. Die bisher durchgeführten Modellberechnungen unter wechselnden Feuchteverhältnissen weisen starke Änderungen der Kriechdehnungen bei nur geringer Veränderung der Schwankungsamplitude auf. Eine differenzierte und realistische Abschätzung des mechano-sorptiven Kriecheinflusses aufgrund der bisherigen Ergebnisse setzt die genaue Kenntnis der zu erwartenden Feuchteschwankungen in allseitig geschlossenen und beheizten Bauwerken (Nutzungsklasse 1) voraus. Aus diesem Grund werden weitere Untersuchungen zur Bestimmung der Feuchteschwankung in allseitig geschlossenen und beheizten Bauwerken für notwendig erachtet.

Zur Reduzierung der Kipplänge und zur Stabilisierung gegen seitliches Ausweichen werden in den Druckzonen der Träger Verbände oder gleichwertige Konstruktionen angeordnet. Diese müssen eine ausreichende Steifigkeit aufweisen, so dass ein seitliches Ausweichen des Trägers über die gesamte Trägerlänge vermieden werden und der Kippnachweis nach dem Ersatzstabverfahren geführt werden kann. Durch das Kriechverhalten nehmen die horizontale Verformung und die Verdrehung des Biegeträgers und damit die einwirkende Seitenlast auf die Verbandskonstruktion im Lauf der Zeit zu. Höhere Seitenlasten bewirken eine Vergrößerung der Verformung des Verbands, wodurch die aussteifende Wirkung auf den kippgefährdeten Biegeträger reduziert wird. Die Problematik der Seitenlasten wird durch variable Trägerhöhen im Holzbau zudem verschärft, da die meisten Brettschichtholzträger nicht als parallelgurtige Träger, sondern in Form von Satteldachbindern, Pultträgern oder gelegentlich auch als Fischbauchträger ausgeführt werden. Aus diesem Grunde sind weitere Untersuchungen zum Einfluss des Langzeitverhaltens auf die Größe der anzusetzenden Stabilisierungslasten im Holzbau unter Verwendung der in diesem Forschungsvorhaben gewonnenen Erkenntnisse zu ermitteln und ein Modell für die Bemessung und praxisnahe Anwendung zu schaffen, dass auch eine ausreichende Steifigkeit der Verbände zur Aufnahme der Seitenlasten sicherstellt.

Beteiligte Forschungsstellen

Institut für Konstruktion und Entwurf, Universität Stuttgart
Leiterin der Forschungsstelle:
Prof. Dr.-Ing. U. Kuhlmann

Projektbearbeiter: Dipl.-Ing. Reiner Hofmann

Forschungsförderung

Wir danken der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für die Förderung dieses Forschungsprojekts.

Laufzeit des Forschungsvorhabens

von Oktober 2007 bis Dezember 2010

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