Kurzfassung
Die Befestigung von Flach- und Vierkantschienen über unterbrochen ausgeführte Schienenschweißnähte (Kehlnähte) auf den Obergurten von Kranbahnträgern ist eine seit vielen Jahrzehnten praktizierte Bauweise bei leichtem bis mittelschwerem Kranbetrieb. Eine übliche Ausführungsvariante sind die unterbrochenen Schienenschweißnähte. Durch die Vermeidung von durchgehenden Schienenschweißnähten sinken zum einen die Fertigungsdauer und der Materialeinsatz, und zum anderen verringert sich der Schweißverzug des Trägers und damit der Richtaufwand. Zwar werden die unterbrochenen Schienenschweißnähte in Fachbüchern, aber an sich ist ihre Bemessung und Ausführung durch die geltende Stahlbaunormung (DIN EN 1993-6) nicht geregelt. Da Kranbahnträger zyklisch beansprucht werden, müssen nach DIN EN 1993-6 in Verbindung mit DIN EN 1993-1-9 Ermüdungsnachweise auch für die Konstruktionsdetails der Schienenbefestigung geführt werden. Hierbei stellen sich bei der Auslegung in der Praxis drei Fragen, für die es bislang keine Antworten gibt:
- Wie ausgeprägt ist der Kontakt zwischen Kranschiene und Oberflansch? Kann die eingeleitete Kraft eventuell auch über diesen Kontakt abgetragen werden anstatt ausschließlich über die Schweißnähte?
Im Gegensatz zu den durchgehenden Schienenschweißnähten kann bei unterbrochenen Schienenschweißnähten der Kontakt zwischen Kranschiene und Oberflansch über ein zerstörungsfreies Prüfverfahren ermittelt werden. Für den Fall, dass ein Kontakt sichergestellt werden kann, wäre es unwirtschaftlich die Übertragung der Kräfte ausschließlich über die Nähte zu bemessen (große Nahtdicken). Entsprechende Fertigungsüberwachungen und Toleranzen müsste für die Bemessung unter Berücksichtigung des Kontaktes erstellt werden. - In welchen Kerbfall nach DIN EN 1993-1-9 kann dieses Detail eingestuft werden?
Im Bereich der Schienenbefestigung erfährt der Kranbahnträger eine mehrachsige Beanspruchung aus globalen Längsspannungen (σ||) und Schubspannungen (τ||global) infolge Trägerbiegung sowie lokalen Querdruckspannungen (σ⊥) und Schubspannungen (τ||lokal) infolge der Radlasteinleitung. Für die Bewertung dieser mehrachsigen Beanspruchung im Rahmen eines Nennspannungsnachweises ist für jede Beanspruchungsart (σ⊥, σ||, τ||) eine entsprechende Kerbfalleinstufung nach DIN EN 1993-1-9 erforderlich. Die bislang genutzten Kerbfälle spiegeln die Kerbwirkung bei unterbrochenen Schienenschweißnähten nicht korrekt wieder. Aus vorangegangenen Untersuchungen der Forschungsstellen ist bekannt, dass diese Kerbfälle zu konservativ sind, auch im Vergleich zur früheren nationalen Bemessungspraxis DIN 4132. - Wie überlagern sich die unterschiedlichen Spannungszustände im Gegensatz zu der durchgehenden Schweißnaht?
Zusätzlich zu den Spannungskomponenten σ⊥ und τ||, die bei durchgängigen Schweißnähten auftreten, führt bei unterbrochenen Schweißnähten die Längsspannung σ|| zu einem Versagen im Grundmaterial. Ob es jedoch möglich ist diese Spannungen einzeln zu betrachten oder ob sie sich gegenseitig überlagern, ist noch unklar.
Beteiligte Forschungsstellen
Universität Stuttgart
Institut für Konstruktion und Entwurf
Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann, Wigand Knecht
RWTH Aachen University
Lehrstuhl für Stahl- und Leichtmetallbau
Prof. Dr.-Ing. Markus Feldmann
Projektförderung
FOSTA e.V. / AIF
Projektlaufzeit
01.10.2020 - 30.06.2021